Am 07.11. haben wir als Teil vom Bündnis für Demokratie und Menschenrechte die drei Stolpersteine vor der Klosterstraße 8 in Schwäbisch Hall gereinigt.
Wir möchten an die Geschichte der drei Bewohner*innen vom „Löchner Haus“ erinnern.
Berta Reiß
Geboren: 17. Januar 1869 in Schwäbisch Hall Wohnort: Klosterstraße 8 („Löchnerhaus“), Schwäbisch Hall
Lebensumstände: Berta Reiß war das fünfte von sieben Kinder des Kronenwirts Jakob Reiß und seiner Frau Nanette, die das „Löchnerhaus“ besaßen. Sie wuchs in diesem Haus auf und lebte dort zurückgezogen. Nach dem Tod ihrer Eltern und dem Verlust des elterlichen Vermögens lebte sie in ärmlichen Verhältnissen. Im Dezember 1938 sollte sie, nach Aufforderung durch das Finanzamt Schwäbisch Hall, die sogenannte Vermögensabgabe entrichten. Dadurch war sie im Februar 1942 gezwungen, ihren Anteil am Haus zu verkaufen, was ihre Situation weiter verschlechterte. Die Anteile ihrer Geschwister waren im Kauf inbegriffen und der Rest war vom NS-Staat beschlagnahmt worden. Im Februar 1942 wurde Berta Reiß in das „jüdische Altersheim“ in Eschenau (bei Neckarsulm) gebracht.
Verfolgung und Deportation: Am 23. August 1942 wurde sie von Uniformierten aus dem Altersheim abgeholt und von Stuttgart aus mit dem Transport XIII/1 in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Ihre Transportnummer war 369.
Tod: Berta Reiß starb am 17. Dezember 1942 in Theresienstadt. Die genauen Umstände ihres Todes sind nicht überliefert, doch es ist bekannt, dass die Lebensbedingungen im Lager katastrophal waren.
Familienzusammenhang: Berta Reiß war die Tante von Karoline und Meier Pfeiffer, die ebenfalls Opfer des NS-Regimes wurden. Mindestens drei ihrer Geschwister oder Geschwisterkinder wurden in Theresienstadt und Treblinka ermordet.
Karoline Pfeiffer
Geboren: 30. Juli 1891 in Braunsbach
Eltern: Abraham Pfeiffer (Viehhändler) und Terese geb. Reiß
Wohnort: Klosterstraße 8 („Löchnerhaus“), Schwäbisch Hall
Lebensumstände: Karoline Pfeiffer war die Tochter von Abraham Pfeiffer und Terese Reiß. Die Familie lebte bis 1912 in der Gelbinger Gasse und zog dann in das Haus Klosterstraße 8, das von ihrem Großvater mütterlicherseits, Jakob Reiß, an die Familie vererbt worden war. Ihr Bruder Meier Pfeiffer betrieb im selben Haus einen Lederhandel. Karoline war ledig und arbeitete als Haustochter.
Verfolgung und Deportation: Während der Novemberpogrome 1938 wurde die Wohnung von Karoline und Meier Pfeiffer von NS-Schlägern verwüstet, wobei die Schreie einer Frau bis auf den Marktplatz zu hören waren. Am 1. November 1941 wurden die Geschwister von Stuttgart aus in das Konzentrationslager Riga-Jungfernhof deportiert.
Schicksal: Das Schicksal von Karoline Pfeiffer ist unbekannt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sie entweder an den unmenschlichen Lebensbedingungen im Lager starb oder von der SS ermordet wurde.
Familienzusammenhang: Karoline Pfeiffer war die Nichte von Berta Reiß. Mindestens drei ihrer Tanten und Onkel mütterlicherseits wurden in Theresienstadt und Treblinka ermordet, darunter auch Berta Reiß.
Meier Pfeiffer
Geboren: 22. August 1888 in Braunsbach
Eltern: Abraham Pfeiffer (Viehhändler) und Terese geb. Reiß
Wohnort: Klosterstraße 8 („Löchnerhaus“), Schwäbisch Hall
Lebensumstände: Meier Pfeiffer war der Bruder von Karoline Pfeiffer. Er betrieb im „Löchnerhaus“ einen Lederhandel, der in den Adressbüchern von 1920 und 1928 verzeichnet war. Später wurde er als Viehhändler geführt. Meier Pfeiffer lebte gemeinsam mit seiner Schwester im „Löchnerhaus“.
Verfolgung und Deportation: In der Reichspogromnacht 1938 wurde die Wohnung von Meier und Karoline Pfeiffer von NS-Schlägern verwüstet. Auf dem Marktplatz brannte ein Feuerstoß aus Bücher und Möbel. Am 1. November 1941 wurden die Geschwister von Stuttgart aus in das Konzentrationslager Riga-Jungfernhof deportiert.
Schicksal: Das Schicksal von Meier Pfeiffer ist unbekannt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass er entweder an den unmenschlichen Lebensbedingungen im Lager starb oder von der SS ermordet wurde.
Familienzusammenhang: Meier Pfeiffer war der Neffe von Berta Reiß. Mindestens drei seiner Tanten und Onkel mütterlicherseits wurden in Theresienstadt und Treblinka ermordet, darunter auch Berta Reiß.
Gemeinsames Gedenken
Die drei Stolpersteine für Berta Reiß, Karoline Pfeiffer und Meier Pfeiffer wurden am 13. Oktober 2005 vor dem Haus Klosterstraße 8 („Löchnerhaus“) in Schwäbisch Hall verlegt. Die Initiative ging von der SPD-Gemeinderatsfraktion aus und wurde vom Kunstverein Schwäbisch Hall umgesetzt. Die Stolpersteine wurden durch Spenden finanziert und vom Kölner Künstler Gunter Demnig verlegt.
Die Stolpersteine erinnern an das Schicksal der drei Menschen, die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurden. Sie stehen symbolisch für die unzähligen Menschen, die während dieser Zeit ihr Leben verloren.
Quellen:
https://www.leo-bw.de/themenmodul/juedisches-leben-im-suedwesten/orte/wurttemberg/schwabisch-hall
https://www.schwaebischhall.de/de/unsere-stadt/geschichte/gedenkstaetten-fuer-ns-opfer
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Schw%C3%A4bisch_Hall





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