Kirchenwahl 2025 in Württemberg: Warum sie für unsere Demokratie wichtig ist

Am 30. November 2025 ist es wieder soweit: In der Evangelischen Landeskirche in Württemberg finden die Kirchenwahlen statt. Doch warum ist diese Wahl wichtig – nicht nur für die rund 1,5 Millionen evangelischen Kirchenmitglieder in Württemberg, sondern für die Gesellschaft als Ganzes? Und welche Rolle spielt die Kirche heute eigentlich noch?

Die Evangelische Landeskirche in Württemberg zählt aktuell etwa 1,5 Millionen Mitglieder. Das entspricht etwa 13,5 Prozent der rund 11 Millionen Einwohner*innen Baden-Württembergs. Doch die Kirche ist mehr als eine Institution für ihre Mitglieder. Sie ist ein zentraler Akteur in der Gesellschaft: Sie betreibt Kitas, Schulen, Krankenhäuser, Pflegeheime, ambulante Pflegedienste und weitere soziale Einrichtungen, bietet Seelsorge und Beratung, engagiert sich für Geflüchtete, Obdachlose und Menschen in Not. Die Kirche ist Arbeitgeberin für Tausende, von Pfarrer*innen über Erzieher*innen bis hin zu Verwaltungsangestellten. Sie prägt das kulturelle Leben, organisiert Feste, Konzerte und Bildungsveranstaltungen. Und nicht zuletzt ist sie ein Ort der Begegnung, des Dialogs und der Orientierung in einer immer komplexer werdenden Welt.

Die Aufgaben der Kirche sind vielfältig: Sie reicht von der spirituellen Begleitung der Menschen über die Bewahrung des kulturellen Erbes bis hin zur politischen Stellungnahme zu gesellschaftlichen Fragen. Die Kirche versteht sich als Anwältin der Schwachen, als Mahnerin für Gerechtigkeit und als Brückenbauerin zwischen den Generationen und Kulturen. Doch wie werden diese Aufgaben konkret gestaltet? Wer entscheidet, welche Schwerpunkte gesetzt werden? Und wer vertritt die Interessen der Gemeindemitglieder? Hier kommt die Kirchenwahl ins Spiel.


Am 30. November 2025 sind alle evangelischen Kirchenmitglieder in Württemberg aufgerufen, ihre Vertreter*innen für die Kirchengemeinderäte und die Landessynode zu wählen. Doch was wird eigentlich gewählt?

Die Kirchengemeinderäte sind die „Parlamente“ vor Ort. Sie entscheiden gemeinsam mit den Pfarrer*innen über die Belange der Kirchengemeinde: von der Gestaltung der Gottesdienste über die Verwaltung des Gemeindevermögens bis hin zur Organisation von Festen und Veranstaltungen. Die Mitglieder des Kirchengemeinderats werden für sechs Jahre gewählt. Je nach Größe der Gemeinde besteht der Rat aus vier bis 18 gewählten Mitgliedern, die möglichst vielfältige Erfahrungen und Perspektiven einbringen sollen.

Die Landessynode ist das „Parlament“ der Landeskirche. Sie besteht aus 60 Laien und 30 Theolog*innen, die ebenfalls für sechs Jahre gewählt werden. Die Landessynode entscheidet über kirchliche Gesetze, die Verwendung der Kirchensteuermittel und die Verteilung der Pfarrstellen. Sie wählt zudem den Landesbischof bzw. die Landesbischöfin. Die Synode tagt in der Regel dreimal im Jahr und arbeitet in verschiedenen Ausschüssen zu Themen wie Diakonie, Ökumene oder Theologie.

Wahlberechtigt sind alle evangelischen Kirchenmitglieder, die am Wahltag mindestens 14 Jahre alt sind. Die Wahl selbst läuft ähnlich ab wie politische Wahlen: Die Wahlberechtigten erhalten vorab ihre Wahlunterlagen per Post. Diese enthalten Informationen zu den Kandidat*innen und den Gesprächskreisen. Am Wahltag selbst kann entweder per Briefwahl oder in der Kirchengemeinde vor Ort gewählt werden. Die Stimmabgabe erfolgt geheim.

In der Evangelischen Landeskirche in Württemberg gibt es vier sogenannte Gesprächskreise, die ähnlich wie politische Parteien fungieren, aber ohne Fraktionszwang:

  1. Lebendige Gemeinde: Dieser Gesprächskreis setzt sich für eine traditionelle, biblisch geprägte Gemeindearbeit ein. Schwerpunkte sind die Stärkung der Gottesdienste, die Förderung der Jugendarbeit und die Bewahrung der kirchlichen Traditionen.
  2. Offene Kirche: Hier stehen Offenheit, Toleranz und die Öffnung der Kirche für neue Zielgruppen im Mittelpunkt. Themen wie Inklusion, Digitalisierung und die Zusammenarbeit mit anderen Religionen und Weltanschauungen sind zentral.
  3. Evangelium und Kirche: Dieser Kreis betont die theologische Vertiefung und die klare Positionierung der Kirche in gesellschaftlichen Debatten. Es geht um die Bewahrung der evangelischen Identität und die Auseinandersetzung mit aktuellen ethischen Fragen.
  4. Kirche für morgen: Dieser Gesprächskreis fokussiert sich auf die Zukunftsfähigkeit der Kirche. Themen wie Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und die Anpassung der Kirchenstrukturen an den demografischen Wandel stehen im Vordergrund.

Im Kirchenbezirk Schwäbisch Hall-Gaildorf treten die Gesprächskreise „Evangelium und Kirche“; „Lebendige Gemeinde“ und die „Offene Kirche“ mit Kandidat*innen an. Die genauen Positionen und Kandidat*innen der Gesprächskreise im Bezirk können auf der Website des Kirchenbezirks oder in den Wahlunterlagen in den nächsten Wochen nachgelesen werden.


Warum ist die Kirchenwahl relevant – gerade in einer Zeit, in der immer mehr Menschen aus der Kirche austreten? Die Kirche bleibt ein wichtiger Akteur in der Zivilgesellschaft. Sie bietet Räume für Engagement, Solidarität und Begegnung. Die Kirchenwahl entscheidet mit, wie diese Räume gestaltet werden: ob die Kirche sich öffnet oder abschottet, ob sie sich für soziale Gerechtigkeit einsetzt oder nicht, ob sie innovativ ist oder an Bewährtem festhält.

Für die kirchlich Beschäftigten und die Mitarbeitervertretung (MAV) hat die Wahl direkte Auswirkungen: Die Landessynode entscheidet über die Verteilung der Pfarrstellen und die Verwendung der Kirchensteuermittel. Das beeinflusst Arbeitsbedingungen, Stellenpläne und die Ausrichtung der kirchlichen Arbeit. Eine starke, demokratisch legitimierte Vertretung der Beschäftigteninteressen ist daher essenziell. Eine starke MAV braucht engagierte Synodale, die die Belange der Mitarbeiter*innen ernst nehmen.

Die Kirchenwahl ist auch ein Stück gelebte Demokratie. Sie zeigt, dass die Kirche nicht hierarchisch von oben gesteuert wird, sondern dass die Mitglieder selbst über ihre Vertretung entscheiden. Das ist besonders wichtig in einer Zeit, in der demokratische Prozesse weltweit unter Druck geraten. Die Kirchenwahl ist eine Übung in Mitbestimmung und Verantwortung – und eine Erinnerung daran, dass Demokratie nicht selbstverständlich ist, sondern aktiv gelebt werden muss.

Deshalb: Geh wählen am 30. November 2025! Informier dich über die Kandidat*innen und die Gesprächskreise. Nutze deine Stimme, um die Kirche mitzugestalten – ob du nun jeden Sonntag in den Gottesdienst gehst oder nur selten. Die Kirche gehört ihren Mitgliedern. Und deine Stimme zählt!


Weitere Informationen:
https://www.kirchenbezirk-schwaebischhall-gaildorf.de/meldungen/kirchenwahl-2025
Übersicht der Kandidat*innen für die Landessynode
https://www.kirchenwahl.de/


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