Heute, am 20. Juni 2025 ist Weltflüchtlingstag.
Noch vor 2 Jahren ist dieser Tag ohne größere Gedanken an mir vorbeigezogen, nicht, dass mir ihr Schicksal egal war oder ich irgendetwas gegen sie gehabt hätte.
Viele Jahre war ein arabischer Lebensmittelladen hier im Haus, man hatte Kontakt, sprach miteinander und grüßte sich. Auch als im Jahr 2015 viele, vor allem junge, Männer ankamen, die sich oft vor dem Laden trafen, war alles eher lose. Und ich muss gestehen, dass ich manchmal auch genervt war, dass egal, wann ich kam oder ging, ich immer durch eine Gruppe dieser jungen Menschen musste, auch wenn sie immer freundlich waren.
Trotzdem war es mehr ein loser Kontakt.
Dann, im September 2023 bin ich ganz unverhofft einem jungen Mann begegnet, der sich integrieren wollte, Hilfe und Kontakt suchte.
Und ab dem Moment änderte sich so vieles.
Ich begleitete ihn auf vielen Wegen zu Ämtern und Behörden. Habe dort freundliche, engagierte Menschen getroffen, aber auch viel respektloses, ärgerliches Verhalten der Mitarbeiter erlebt.
Habe viel über seinen Weg nach Deutschland erfahren, auch über sein Heimatland und die Zeit vor seiner Flucht.
Nach und nach habe ich mehr geflüchtete Menschen näher kennengelernt.
Ein zweiter junger Mann kam dazu, den ich begleite und helfe wo und wie ich kann.
Habe erfahren, was für Schwierigkeiten und Hürden all die geflüchteten Menschen zu bewältigen haben.
Und unter all denen, gibt es nicht einen bei dem es rund gelaufen ist, bzw. rund läuft. Alle hatten und haben Probleme. Sei es bei der Anerkennung ihrer Zeugnisse, beim Familiennachzug, bei den Deutschkursen, beim Finden von Arbeit und, und, und.
Habe gesehen, wie es in den Flüchtlingsunterkünften oder Folgeunterkünften aussieht, wie es sich da lebt.
Wie oft dachte ich, dass ich in deren Situation schon lange verzweifelt wäre, dass ich all das niemals bewältigen könnte.
Aber all diese Menschen sind so unfassbar freundlich, respektvoll und dankbar. Verhaltensweisen, die ich in diesem Land vermisse.
Es beschämt mich zutiefst, wenn ich dann so viele menschenverachtende Kommentare z.B. auf Facebook lese, höre, wie abwertend sich „Deutsche“ über geflüchtete Menschen äußern und sehe, wie viele Menschen einer gesichert rechtsextremen Partei, der AfD, ihre Stimme geben. Mich beschämt es, aber letztendlich ist es eine Schande für dieses Land. Ein Land, das sich christlich nennt, dessen größtes Gebot „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ ist. In dessen Grundgesetz steht „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ und „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“. Und in der wir eine Regierung haben, die so tut, als wäre unser größtes Problem gerade diese Menschen. Die, statt sich den wirklichen Problemen zu stellen und diese anzugehen, Politik macht, die ich für mich, als AfD-light bezeichne.
Heute nun Weltflüchtlingstag.
Und dieses Mal ist mir dieser Tag so viel näher. Oft fühle ich mich verzweifelt, weil ich das Elend und die Schwierigkeiten kenne und es sich anfühlt, als würde es für unsere geflüchteten Mitmenschen schlimmer und schlimmer. Und eine Besserung in immer weitere Ferne rückt.
Hoffnung machen mir all die Menschen, die sich einsetzen, die helfen wollen und es auch tun, die unermüdlich für geflüchtete Menschen, gegen Rechtsextremismus kämpfen, die z.B. in der Kleiderkammer jede Woche ehrenamtlich arbeiten, die im Freundeskreis Asyl aktiv sind, die im Weltcafe eine Begegnungsstätte schaffen, die sich bei der AWO einsetzen, die sich in Ämtern und Behörden freundlich und hilfsbereit zeigen trotz aller Überlastung, die da sind, wo Hilfe nötig ist und, und, und.
Ihnen allen möchte ich von ganzem Herzen DANKE sagen, ihr seid ein Lichtblick in dieser düsteren Zeit und macht Hoffnung!!
Und allen, die unsicher sind oder sich gar unwohl fühlen im Bezug auf unsere geflüchteten Mitmenschen, möchte ich sagen: Seid mutig, geht auf die Menschen zu, öffnet euch, kommt ins Gespräch. Ich kann euch versprechen, es wird eine Bereicherung für euer Leben sein, ihr werdet tolle, liebenswerte Menschen kennenlernen und wer weiß, vielleicht sogar Freunde fürs Leben finden.
Und denen, die gerne helfen möchten, aber nicht wissen wie und wo, fangt einfach an oder fragt bei einem der o.g. Stellen nach, Hilfe ist immer und überall willkommen. Falls ihr euch das nicht zutraut, dann fangt einfach an mit den Menschen zu reden, denn das ist der einfachste Weg, der Weg, der den Menschen hilft, die deutsche Sprache zu üben und sich darin sicher zu fühlen.
Es gibt viele Möglichkeiten, lasst uns einen guten Weg für uns alle finden, einen Weg, der aus diesem Tag irgendwann einen Tag für „Menschen unter Menschen“ macht.
Ich zähle mal wieder auf euch!!
Kerstin
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